Geboren am 25. Juni 1981, wuchs ich zusammen mit meinen Vier Geschwistern Stefanie, Elias, Josias und Magdalena auf dem Hof meiner Eltern Heiri und Margrit in Unterwasser am Fusse der Churfirsten auf. Im Winter verbrachte ich viel Zeit im Skigebiet auf der gegenüberliegenden Talseite. Und auf diesen Hängen zeigt sich wohl auch zum ersten Mal, dass ich eher ein Skispringer als ein Abfahrer werden würde. Denn während viele meiner gleichaltrigen Kollegen die schnellsten Routen von oben nach unten suchten und sich Wettrennen lieferten, suchte ich mir lieber die Strecken heraus, auf denen man so oft wie möglich vom Boden abheben konnte. Unsere Lieblingstrecke war mindestens eine Zehn-Schanzentournee. Ein Wunder, dass ich mich bei der legendären Vierschanzentournee noch nie ganz zuoberst einordnen konnte.
Aber besser erstmal zurück zu den Anfängen. In der vierten Klasse, mit 9 Jahren las ich in der Schule auf einem besseren Schmierzettel von einem Schnupperspringen im Nachbardorf Wildhaus. Mit meinen beiden Brüdern meldeten wir uns zu dritt an und gesagt, getan standen wir zuoberst auf der 30-Meterschanze. Immerhin durften wir mit Alpin Ski wie gewohnt springen, aber auch so war es doch etwas anderes als bei den bis anhin gewohnten Hüpfern. Auf der Sprungschanze konnte man nicht einfach auf die Seite abschwingen oder sich das Tempo mal Stück für Stück ausprobieren. Wir hatten das beim Hochsteigen sehr gut beobachtet. Oben war es ganz schön eng und schon stand man in der Schlange, die Skis schon an den Füssen und der Zitterbalken rückte immer ein wenig näher, sobald wieder einer vorne den Mut aufgebracht hatte.
Selber dort, nützte dann auch der Blick zurück nichts mehr, denn alle Augen der wartenden Jungs gespannt auf einem gerichtet, wusste man, dass man dem Klopfen im Hals nur noch ein Abstossen nach vorne entgegensetzen konnte. So war das bei jedem Wechsel auf eine grössere Schanze. Beim allerersten Sprung aber, war es ein riesiges und unbeschreibliches Gefühl, als ich unten ausgefahren bin.
Mir war sofort klar, dass ich das wieder machen wollte. Und den Trainern wurde relativ schnell klar, dass ich nebst Freude an der Sache auch ein gewisses Talent hatte. Ich konnte die Anweisungen meiner Trainer oft schon beim nächsten Sprung umsetzen und machte so schnell Fortschritte. Im Sommer 1992 war der V-Stil das grosse Thema und schon nach einigen Trainings durften wir die Skier beim Fliegen ein wenig auseinanderhalten und das Luftpolster trug uns schon an die 20 Meter weit. Wir reisten früh zu anderen Orten mit kleinen Schanzen und auch das Training neben der Schanze war abwechslungsreich. Es war aber nie meine Lieblingsbeschäftigung und vieles gelang einfach mit Talent. Durch gute Resultate erreichte ich bald den Nachwuchskader von Swiss Ski. Die Jugendjahre waren sehr lehrreich und nicht immer von Erfolg geprägt. Der Schritt in den Alpencup war steinig und es war eine Herausforderung, Schule und Sport gut zu meistern.
Nach dem Weihnachtsspringen in St. Moritz wurde ich 1997 zum ersten Mal für ein Weltcupspringen aufgeboten. Und für was für eins, das Auftaktspringen der Vierschanzentournee. So reiste ich mit einem kurzen Zwischenstopp von zuhause nach Oberstdorf. Ich musste noch neue Kleider holen, da ich nicht für so lange Zeit gepackt hatte. Es hatte schon seine Berechtigung, dass ich nominiert wurde. Ich wurde auf Anhieb 15. was gleichbedeutend mit der Selektion für die Olympischen Spiele in Nagano war. So stieg ich im Februar 1998 zum ersten Mal in ein Flugzeug und flog nach Japan. An den Olympischen Spielen konnte ich nicht überzeugen, aber die Atmosphäre, die an Olympischen Spielen herrscht, habe ich aufgesogen. Es waren meine ersten Olympischen Spiele, die ich besucht habe, mittlerweile sind es Fünf. Dass Salt Lake City nicht meine ersten Spiele waren, kam mir zugute. Die Erfolge dort wären ohne die Erfahrungen von Nagano nicht möglich gewesen.
Nach Nagano kam meine sportliche Karriere etwas ins Stocken. Beim Inlineskaten verletzte ich mich am Knie, was zur Folge hatte, dass ich meine Landung umstellen musste und auch sonst konnte ich nicht mehr richtig überzeugen.
Aber in der Saison 2001 zahlte sich das Trainieren und Tüfteln endlich wieder aus. Nach einem etwas holprigen Start in die Saison, konnte ich viermal in Serie, auf das Weltcuppodest springen. Bei der Vierschanzentournee wurde ich sogar 6ter in der Gesamtwertung. Doch nun da sich Erfolg an Erfolg zu reihen schien und wohl viele das Gefühl hatten, dass der erste Weltcupsieg eher heute als morgen kommen würde, kam es doch ganz anders. Es war beim Training für das Weltcupspringen in Willingen, ich sprang etwas zu aggressiv ab und stürzte Kopfüber auf den Hang. Und das ausgerechnet kurz vor den Olympischen Spielen in Salt Lake City. Aber ich hatte Glück und kam nur mit leichten Verletzung davon. Mit einer Gehirnerschütterung und einigen Prellungen wurde ich nach Hause geschickt. Nach einer Zwangspause war ich aber rechtzeitig für Salt Lake City wieder fit.
Und in Salt Lake City passierte unglaubliches. Ich war am Tag X bereit, und zwar an beiden Tagen X. Ich konnte auf der Normal-, und auf der Grossschanze Gold gewinnen. Durch meine Zwangspause nach Willingen, hatte ich mich sozusagen selber aus dem Rennen genommen und so kamen meine Siege für viele Leute wie aus dem Nichts. Und ein Aussenseitersieg ist etwas, was insbesondere die Amerikaner besonders mögen. In den folgenden Tagen kam ich fast nicht mehr zur Ruhe. Der Höhepunkt des Rummels war wohl der Auftritt in der «Late Show with David Letterman».
Nach der Saison 2001/02 in der ich nicht nur Doppelolympiasieger wurde, sondern auch meinen ersten Weltcupsieg feiern konnte liessen meine Leistungen wieder nach. Für die nächsten vier Jahre kam ich nicht mehr auf Touren und wie die Saisons davor waren auch die Olympischen Spiele in Turin eine Enttäuschung. Aufgeben war in dieser Zeit trotz allem, nie ein Thema.
Ab der Saison 2006/07 ging es wieder steil bergauf. Zu Beginn der Saison schafften Andreas Küttel und ich etwas Historisches; einen Schweizer Doppelsieg im Weltcup. Ausserdem wurde ich an der Vierschanzentournee Gesamt-Dritter, gewann 2 Weltcupspringen und in der Gesamtwertung des Weltcups erreiche ich den 3. Rang. Als ob das noch nicht genug wäre, wurde ich auch noch Welt-, und Vizeweltmeister. In den folgenden Saisons konnte ich mich in der Weltspitze halten, gewann mehrere Weltcupspringen und wurde Zweiter in der Weltcupgesamtwertung sowie bei der Vierschanzentournee.
Ab der Saison 2006/07 ging es wieder steil bergauf. Zu Beginn der Saison schafften Andreas Küttel und ich etwas Historisches; einen Schweizer Doppelsieg im Weltcup. Ausserdem wurde ich an der Vierschanzentournee Gesamt-Dritter, gewann 2 Weltcupspringen und in der Gesamtwertung des Weltcups erreiche ich den 3. Rang. Als ob das noch nicht genug wäre, wurde ich auch noch Welt-, und Vizeweltmeister. In den folgenden Saisons konnte ich mich in der Weltspitze halten, gewann mehrere Weltcupspringen und wurde Zweiter in der Weltcupgesamtwertung sowie bei der Vierschanzentournee.
Dann kam die Saison 2009/10, meine bisher beste Saison. Ich reiste als Favorit nach Vancouver an meine vierten Olympischen Spiele und wie vor 8 Jahren in Salt Lake City konnte ich beide Springen gewinnen. Mit meinem Doppel-Doppelolympiasieg schloss ich zu Matty Nykänen auf und überholte ihn gar, ich war neu der erfolgreichste Skispringer und auch Schweizer Wintersportler an Olympischen Spielen. Nach den Olympischen Spielen flog ich mich in einen halben Siegesrausch. Ich gewann 4 Weltcupspringen in Folge und wurde Skiflugweltmeister und gewann den Gesamtweltcup.
Dann kam die Saison 2009/10, meine bisher beste Saison. Ich reiste als Favorit nach Vancouver an meine vierten Olympischen Spiele und wie vor 8 Jahren in Salt Lake City konnte ich beide Springen gewinnen. Mit meinem Doppel-Doppelolympiasieg schloss ich zu Matty Nykänen auf und überholte ihn gar, ich war neu der erfolgreichste Skispringer und auch Schweizer Wintersportler an Olympischen Spielen. Nach den Olympischen Spielen flog ich mich in einen halben Siegesrausch. Ich gewann 4 Weltcupspringen in Folge und wurde Skiflugweltmeister und gewann den Gesamtweltcup.
Auch in den folgenden Jahren sprang ich in der Weltspitze mit, gewann an den Weltmeisterschaften in Oslo die Bronzemedaille und wurde je einmal Zweiter in der Gesamtwertung der Vierschanzentournee und des Gesamtweltcups. An den Olympischen Spielen in Sotchi durfte ich bei der Eröffnungszeremonie die Schweizer Flagge ins Stadion tragen. Leider konnte ich sportlich nicht überzeugen und musste ohne Medaille wieder abreisen.
Die nächste Saison war eine bewegende Saison. Sie begann mit mehreren Podestplätzen, wobei ich in Kuusamo ex aequo mit Noriaki Kasai zusammen gewann. Beim Weltcup im heimischen Engelberg wurde ich zweiter und reiste mit Hoffnungen zur Tournee. Doch dann beim Auftaktspringen wurde ich gleich im ersten Durchgang durch einen Sturz aus dem Rennen um die Gesamtwertung geworfen. Zum Glück lief der Sturz glimpflich ab und ich konnte weiterspringen. In einem tollen Wettkampf in wurde ich in Garmisch Zweiter und stand in Innsbruck wieder um ex aequo mit Noriaki auf dem dritten Podestplatz. Dann beim Abschlussspringen der Vierschanzentournee in Bischofshofen stürzte ich heftig. Mit einer Gehirnerschütterung und Prellungen wurde ich ins Spital gebracht und musste wie 2002 eine Zwangspause einlegen. Nachdem klar wurde, dass ich die Saison fortsetzen kann, trat ich an den Weltmeisterschaften in Falun an und konnte tatsächlich zweimal eine überzeugende Qualifikation zeigen. Leider konnte ich die Leistungen im Wettkampf nicht abrufen, mit meinen Leistungen hatte ich aber die Gewissheit, dass ich weiter Skispringen kann, auch nach meinem Sturz in Bischofshofen.
Im Frühling und Sommer 2015 entschied ich mich zu einem radikalen Schritt. Wie bereits zu Beginn erwähnt, hatte ich nach meinem Unfall im Sommer 1998 die Landung umstellen müssen. Umstellen will heißen, dass ich den Fuß, der beim Telemark vorne steht, gewechselt hatte. Diesen Schritt wollte ich nun wieder umkehren. Was recht simpel und einfach tönt, ist mit sehr viel Arbeit verbunden. Der Schritt war nötig, da das Vertrauen in das linke Standbein nach dem Sturz verloren gegangen war.